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Platz neben Rathaus: Planung geht weiter

Nach intensiver Debatte zu später Stunde hat eine deutliche Mehrheit im Gemeinderat beschlossen, die Stadt darf für den kleinen Platz neben dem Rathaus weiter planen lassen. Ob der Platz dann tatsächlich umgestaltet wird, entscheidet der Rat aber erst, wenn klar ist, welche Zuschüsse fließen.

Schramberg. Stadtplaner Joschka Joos und später auch Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr wiederholten ihre Plädoyers für die Umgestaltung, die sie schon eine Woche zuvor im Ausschuss für Umwelt und Technik abgeliefert hatten: Ja, die Haushaltslage sei schwierig, aber im Grunde habe man schon 2012 mit dem Beschluss für ein Sanierungsgebiet die Neugestaltung hier angestoßen, so Joos. Es gehe darum, die Innenstadt attraktiver zu machen.

Der Klimawandel macht es nötig

Aber auch der Klimawandel mit Hitzewellen bedinge die Schaffung von grünen Oasen. Das Sanierungsgebiet sei eigens dafür erweitert und jetzt bis Ende April 2027 verlängert worden. „Wenn wir das kriegen, müssen wir auch etwas machen.“

Die Stadt habe eine große Freifläche hinter dem Rathaus. Deshalb sollte eine stark begrünte Fläche daneben diese große Fläche ergänzen. Würde man lediglich einige Bäume pflanzen werde dies 37.000Euro kosten. Man hätte aber Probleme mit Winterdienst, Staub und Starkregen.

Joschka Joos warb um Zustimmung. Foto: him

Eine Frage der Zuschüsse

Mit der stark abgespeckten Variante 1 könnte man gut 200.000 Euro gegenüber der ersten Planung einsparen. Je nach Zuschussauslegung würde die Stadt 100.000 bis 300.000 Euro Zuschuss zu den zu erwarteten 500.000 Euro Baukosten erhalten. Um diese Zuschüsse erfragen zu können, brauche man noch eine Ausführungsplanung. Diese werde etwa 30.000 Euro kosten.

Umweltbeirat will klimagerechte Gestaltung

Joos verlas angesichts der fortgeschrittenen Zeit in Windeseile auch noch eine positive Stellungnahme des Umweltbeirats. Dieser hat sich, so viel war zu verstehen, für „eine nachhaltige und klimagerechte Platzgestaltung“ ausgesprochen.

An vulnerable Gruppen denken

Oberbürgermeisterin Eisenlohr wies darauf hin, man solle Investitionen nicht mit Zuschüssen verwechseln. „Wenn wir hier einmal investieren sind wir für Jahrzehnte fertig.“ Der Platz sei auch für diejenigen, die nicht im Gemeinderat sind und nicht in großen Wohnungen mit Garten und Balkonen wohnten. Eine solche grüne Schattenoase sei für vulnerable Gruppen wie Kinder und Ältere wichtig.

Ein Verschieben auf bessere Zeiten sei wegen der Ablauffrist April 2027 nicht möglich. Danach werde es keine Zuschüsse mehr geben, warnte Eisenlohr. Sie wies darauf hin, dass es nur um die weitere Planung gehe, noch nicht um die eigentliche Entscheidung zum Bau.

Der Klimawandel ist da

Thomas Brugger (CDU) warb für die Planung Er stelle fest, dass der Klimaschutz in Schramberg noch nicht weit gekommen sei. „Wir müssen handeln. Abwarten geht nicht.“

Udo Neudeck (Freie/Neue Liste) hielt dagegen. Die Stadt habe einst die drei Häuser gekauft, um hier möglicherweise einen Investor zum Bau eines neuen Gebäudes zu gewinnen. Wenn man jetzt den Platz hier aufwendig gestalte, vergebe man sich die Vermarktungschance.

Wegen der desolaten Haushaltslage könne er dem Projekt nicht zustimmen. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn man in dieser Zeit 400.000 Euro für den Platz ausgebe und zugleich die Vereinsförderung kürze.

Im Umkreis gebe es 45 Bäume, habe er gezählt. Wenn man aus dem Fenster schaue, sehe hem man, der Platz sei gerade belebt mit Menschen: „Und die sind glücklich.“

Die „Rosswälder“ hatten parallel zum Beisammensein auf dem Plätzle eingeladen.

Hannes Steim (CDU) argumentierte ähnlich: Derartige Projekte würden regelmäßig teurer. Er warnte vor Steinen in der neuen Anlage, diese heizten sich auf. Auch die abgespeckte Version werde 500.000 Euro kosten.

Stimmung zum Klimaschutz hat sich gedreht

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) bedauerte, dass das Nebelfeld gestrichen werde, weil dies tatsächlich für Kühlung sorgen würde Auch sie fand die Sitzflächen aus Stein eher ungünstig und bat, auch andere Materialien zu prüfen. Eisenlohr sagte zu, man werde schauen, dass man für das Nebelfeld die Voraussetzungen beibehalte, um es später ergänzen zu können.

Jürgen Winter (CDU) bedauerte, die Stimmung beim Klimaschutz habe sich weltweit und auch in Deutschland gedreht: Im Koalitionsvertrag sehe er eine Rückentwicklung: Gasbohren im Wattenmeer, neue Gaskraftwerke außereuropäische CO2 Zertifikate trotz Betrugs damit. Dabei sei der menschengemachte Klimawandel wissenschaftlich „hervorragend belegt“.

Auch in Schramberg habe man das Thema „bislang nicht richtig auf dem Schirm“.  Er selbst habe bei vielen, heute als schädlich erkannten, Dingen zugestimmt, bedauerte Winter. Der Klimawandel sei kein Thema, das man je nach Kassenlage behandeln dürfe. In den vergangenen zwei Jahren habe es jeweils an die 3000 Hitzetote in Deutschland gegeben. „Wir müssen etwas tun, das ist Teil der Daseinsvorsorge.“

Clemens Maurer (CDU) erinnerte daran, dass der Gemeinderat, vor wenigen Jahren die Platzgestaltung beschlossen habe. Damit sei das Thema Neubebauung vom Tisch gewesen, meinte er an Udo Neudeck gewandt.

Die Stadt müsse bei den laufenden Kosten im Ergebnishaushalt sparen. Würde man den Platz nicht machen, habe das im Ergebnishaushalt keine Auswirkungen. „Das können und müssen wir den Menschen erklären.“ Neudeck erwiderte, man spare durchaus auch bei Investitionen, siehe Kleinspielfeld in Tennenbronn.

So würde der Platz aussehen, wenn sechs Bäume drauf gepflanzt würden. Grafik: Stadt

Kleine Einkaufszentren sind out

Fachbereichsleiter Bent Liebrich bestätigte, das mit der Entscheidung für den Vorentwurf im September 2023 die Platzgestaltung beschlossen wurde. Damit seien „frühere Ideen ad acta gelegt“. Er betonte weiter, dass auf diesem Platz kein Investor ein kleines Einkaufszentrum errichten werde. „Die Zeiten sind vorbei.“

In vergleichbaren Städten seien solche Betonklötze vor 15 Jahren noch gebaut worden. Die stünden heute leer. Auch er riet, jetzt zu handeln. Würde man sich in vier oder fünf Jahren doch entscheiden, umzugestalten, wäre es wesentlich teurer – und Zuschüsse gäbe es dann nicht mehr.

Sabine Haas (CDU) wandte sich gegen das Projekt. Sie fand, die Schulen seien marode und man sollte lieber das Geld in die Sanierung des Gymnasiums oder des Schulcampus stecken. Das sei „wichtiger als der ökologische Aspekt“.

Eisenlohr erinnerte Haas daran, dass es beim Gymnasium und Schulcampus um ganz andere Summen gehe. Bei den Schulbauvorhaben habe es bisher weniger am Geld als an Umsetzungsproblemen gelegen.

Vom Saulus zum Paulus

Ralf Rückert (Freie/Neue Liste) bekannte, er habe damals für Minimallösung plädiert. Er sehe nun aber wie sich die Stadt aufheize. Im Interesse des Schutzes der Bevölkerung warb er dafür, „in die Zukunft zu investieren und gegebenenfalls Schulden aufzunehmen“.

Mit dem so umgestalteten Platz habe man eine geschützte Aufenthaltsmöglichkeit in direkter Achse zum beliebten Wasserspiel auf dem Rathausplatz. Auch Rückert warb für andere Materialien als Granit.

Reinhard Günter (SPD-Buntspecht) war ebenfalls für die Umgestaltung und warb für große Bäume. Er fragte, ob nicht ein Rasen als Belag möglich wäre. Darauf könnten Kinder spielen und das Regenwasser versickern. Joos erwiderte, dazu sei die Fläche zu intensiv genutzt. „Das sieht schnell nicht mehr gut aus.“ Auch müsste man den rasen bewässern. Deshalb denke man eher an hitzeresistente Pflanzen wie Lavendel, die ohne größere Bewässerung auskommen.

Noch keine Vorentscheidung

Eisenlohr versicherte auf eine Nachfrage, die heutige Entscheidung bedeute nicht, dass der Platz umgebaut werden muss. Nach der Entscheidung des RP zu den Zuschüssen kommen wir wieder in den Rat. Dann wissen wir was es kostet. Wenn es zu teuer wäre könne man immer auf die Variante 3 wechseln. Die eingesetzten Planungsmittel allerdings seien dann weg.

In der Abstimmung votierten schließlich 19 Ratsmitglieder für die weitere Planung, zehn stimmten dagegen. Dabei gingen die Voten teils quer durch die Fraktionen.

(Wegen der weiterhin völlig ungenügenden Anzeige und einer viel zu schnellen Bekanntgabe, wer wie abgestimmt hat, ist es mir nicht möglich, die Nein-Stimmen vollständig wieder zu geben. Sie kamen aber aus dem Lager der CDU, Freien/Neue Liste und Aktive Bürger sowie von der AfD-Vertreterin.)




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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